The Open 2018 - Over
Es ist geschehen, die Crossfit Open oder, wie ich sie in der Arbeit immer umschrieben habe, die weltweiten Bundesjugendspiele des Crossfits des Jahres 2018 sind zu Ende. Fünf Wochenenden mit höchst unterschiedlichen Workouts liegen hinter uns. Guter Zeitpunkt, einen wehmütigen, aber auch erleichterten Blick zurückzuwerfen. Ich werfe zunächst sogar noch weiter, nämlich zum Open Brunch. Hier wurde nicht nur bei winterlichen Temperaturen, zumindest gefühlt in der Box, fürstlich gebruncht und nur Minuten später für manch askethisch eingestellte Kämpfernatur die nutrition challenge gestartet, nein, für Crossfitneulinge und Open-Interessierte hatte Simone auch einen sehr informativen Vortrag vorbereitet. Kurz überlegen, was blieb bei mir hängen? Die Open machen Spaß. Nutzt die besondere Stimmung in der Box (Äh, Panik? Hoffnungslosigkeit? Verzweiflung?)! Während der Open werden zahlreiche PRs aufgestellt. Keine Angst vor den Workout-Vorgaben, alles kann skaliert werden.
18.1 – “Welcome to the 2018 Open!” (Dave Castro, Direktor der CrossFit Games)
Complete as many rounds as possible in 20 minutes of: 8 toes-to-bars, 10 dumbbell hang clean and jerks, 12/14-cal. row
So wie dieser Freitag, der 23. Februar, begann, sollte auch jeder der darauffolgenden vier Freitage verlaufen. Mehr oder weniger ausgeschlafen auf der Facebook-Seite der Open die wenige Stunden zuvor übertragene Verkündung des jeweiligen Workouts ansehen, dann postwendend prüfen, wie die skalierte Version aussieht. Als Skalierung waren beim 18.1er Workout hanging knee-raises erlaubt. Also anstelle der toes-to-bars, nicht etwa für die clean and jerks. Ansonsten noch rituell das workoutspezifische Reglement verinnerlichen. Schließlich kosten ungültige Versuche auch nicht recht viel weniger Kraft als gültige, bringen aber ungleich weniger für das persönliche Reps-Konto. Und, man will es nicht glauben, ein wenig hilft es doch, den Profis, die beim Live-Announcement als weltweit Erste das Workout bewältigen, zuzusehen. Auf den Bewegungsablauf beim Clean and Jerk wäre ich so nicht unbedingt von alleine gekommen, geschweige denn dass ich die Fußriemen am Rudergerät nur halb festgezogen hätte, um schneller rein- und rausgleiten zu können. Zum Rudern von 10 Kilometern nicht zu empfehlen, in einem Workout über mehrere Runden mit jeweils ein paar Kalorien aber eine echte Zeitersparnis.
Persönliches Fazit: Mir hat‘s Spaß gemacht. Ich war nach meinem ersten Versuch von 18.1 wirklich erstaunt, dass ich relativ konzentriert geblieben bin, ohne Gedanken wie "Bin ich zu schnell angegangen? Immer noch 19 Minuten! Seit wann wiegt die Dumbbell so viel? Ich bin so schlecht!!! Immer noch 18 Minuten! Ist das heiß hier drin! Nur noch vier Minuten, ach nein, es laufen erst vier Minuten!" aufkommen zu lassen.
Verbesserungspotenzial: Gibt keins, war alles perfekt. Nein, natürlich nicht. Skaliert habe ich die t2b und das Dumbbell-Gewicht. Müsste ich mich für eins von beiden entscheiden, würde ich lieber die 8 t2b zelebrieren und weiter die 15 kg-Dumbbell nutzen. Außerdem scheint mir die Anschaffung eines Paares Handschützer angebracht, zumindest sahen nach dem ersten der beiden Male, die ich das Workout genossen habe, die Handinnenflächen dort, wo Minuten zuvor noch Hornhaut war, nicht mehr so heil aus.
Ein Dank an Nici für zweimaliges Judgen!
18.2 – “18.1 was fun, now it's time to turn the heat up!” (D. C.)
1-2-3-4-5-6-7-8-9-10 reps for time of: Dumbbell squats and Bar-facing burpees
Workout 18.2a: 1-rep-max clean
Time cap: 12 minutes to complete 18.2 AND 18.2a
Die ein oder andere Zeile wurde im Blog ja bereits diesem Meisterwerk eines Workouts gewidmet. Was gibt's sonst noch zu sagen? Nicht vollkommen unnütz sind ja immer diese Tipps von Nicole Carroll zu jedem Open-Workout. Wann kommen wir schließlich im Training schon mal in die Situation, unter Zeitdruck von möglicherweise nur einer Minute ein 1-rep-max von irgendwas zu bestimmen? Witzig auf gewisse Art und Weise ist auch das Video, in dem Frau Carroll das Workout macht. Mit dabei der Judge, ein Kameramann und ein Husky, der sich mitten im Workout vor ihre Hantelstange legt, als sie gerade mit den Burpees weitermachen will, und auch sonst nicht so richtig verstehen wollte, was Frauchen da gerade so macht. Sehr unterhaltsam.
Persönliches Fazit: War weniger schlimm, als gedacht. Beim Clean hat es allein schon bei mir in zwei Tagen zu drei PRs gereicht, Simone hat also recht behalten, wenn auch der letzte Clean beim zweiten Versuch des Workouts eher die Bezeichnung dirty clean verdient hätte. Erstaunlicherweise ging trotz der begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit die Cleanerei deutlich besser von der Hand als zweieinhalb Wochen später oder auch heute im Training. Ich schieb es mal auf die besonderen Umstände beim Open-Workout – mehr Adrenalin und eine fokussiertere Herangehensweise als im Training. Letzteres resultiert vielleicht aus dem für mich größten Vorteil der Open – man muss nicht selbst zählen, das macht ja jemand anderes, und kann sich somit rein auf sich und die Aufgabe konzentrieren.
Verbesserungspotenzial: Skaliert waren das Dumbbell-Gewicht und für mich klar die Burpee-Ausführung, weil mir diese Variante flotter vom Fuß geht und durch die Gewichtsskalierung eine weitere Skalierung ohnehin unbedeutend war. 30 kg Dumbbell squats finde ich eh schon ausreichend schwer, da arbeite ich bis nächstes Jahr lieber primär an der Burpee-Technik.
Ein Dank erneut an Judge Nici und Judge Knut, den ich bei unserem Heimspiel trotz des Geräuschpegels in der Box nicht nur stets gut verstanden habe, sondern der trotz meiner wortlosen Fünffingergestik wusste, wie viel Gewicht er auf seiner Seite meiner Hantelstange auflegen sollte.
18.3 – “Let's go, have some fun!” (D. C.)
2 rounds for time of: 100 double-unders, 20 overhead squats, 100 double-unders, 12 ring muscle-ups, 100 double-unders, 20 dumbbell snatches, 100 double-unders, 12 bar muscle-ups
Time cap: 14 minutes
"It's the fucking Open. It's week 3 of the fucking Open!" Ja, der Kommentar stammt wider Erwarten nicht von mir, sondern das war Teil der Antwort von Dave Castro auf die Frage, was er darüber denkt, dass viele Mitglieder der Crossfit-Community die skalierte Version des Workouts mit Pull-ups statt der Muscle-ups als zu heftig einschätzen. Mein erster Gedanke beim Anblick der Skalierung war: "Öh! Ööhh!! Ööhhh!!!". Mein zweiter Gedanke war ungefähr dieser. Erfahrungsgemäß ist dort, wo ich an der Klimmzugstange hänge, die Schwerkraft mysteriöserweise immer am höchsten, von daher hatte ich als dritten Gedanken folgende Workout-Strategie vor Augen: 100 single-unders, 20 oh squats, 100 single-unders und dann die restlichen 11 Minuten als Klimmzugintensivtraining nutzen. Wann sollen die Klimmzüge denn sonst klappen, wenn nicht während der Open? Natürlich kam wieder mal alles ganz anders als geplant - die SUs liefen dermaßen bescheiden, dass die erwartungsgemäß miese Klimmzugeinheit im Vergleich dazu sensationell gut verlief. Letzteres aber selbstverständlich auch aufgrund seelischen sowie moralischen Beistands zweier meiner Lieblingstrainerinnen, nämlich Simone und Steffi. Ganz ehrlich, Steffi, hätte ich einen Musculus latissimus dorsi, spätestens nach Deinem Hinweis hätte ich ihn aktiviert. Am Freitag noch 17, am Sonntag dann immerhin 24 hochgewürgte Kipping Pull-ups sind es dann geworden, beide Male in unfassbar viel Zeit. Die 24 Stück wurden von mir in epischen neun negativrekordverdächtigen Minuten zelebriert. Aber ich bin der Meinung, jeder Zentimeter, den ich mich hochgezogen habe, bringt mich weiter, auch wenn's natürlich im Vergleich zu im Grunde jeder anderen teilnehmenden Person schrecklich unsportlich aussah.
Persönliches Fazit: War jetzt nicht ausschließlich wunderschön, aber eigentlich ok. Und beim zweiten Mal liefen auch die SUs besser.
Verbesserungspotenzial: Gut, die SUs sind bei mir seit Monaten eine Wundertüte, mal bleibe ich zehn Minuten lang bei jedem zweiten Sprung hängen, dann gehen auf einmal 200 Sprünge unbroken. Woran das liegt, habe ich noch nicht rausgefunden. Aber die SUs und dann auch die DUs bekomme ich über kurz oder lang auch ohne Erwerb eines eigenen Sprungseils in den Griff. Besser müssen auf jeden Fall die Pull-ups werden. Auch ohne Latissimus dorsi.
Danke an Judge Samu, der es schaffte, lächelnd, aber bestimmt für Abwechslung im üblicherweise eher tristen Dialog zwischen Judge und Gejudgtem zu sorgen. Statt "No Rep!", sagte er mit freundlich entspannter Stimme "Mach einfach noch einen.". Und erneut ein Dank an Judge Nici.
18.4 – "Here you have to earn the right to show your gymnastics skills!" (D. C.)
For time: 21 deadlifts and handstand push-ups, 15 deadlifts and handstand push-ups, 9 deadlifts and handstand push-ups, 21 deadlifts, 50-ft. handstand walk, 15 deadlifts, 50-ft. handstand walk, 9 deadlifts, 50-ft. handstand walk
Time cap: 9 min
Mein erster Gedanke nach Blick auf die Workout-Beschreibung: Zum Glück nichts sprint- oder sprungähnliches. Die linke Achillessehne war nämlich nach den gefühlt 17 Millionen Seilsprüngen von 18.3 sowie den Banded Sprints noch durchaus in Mitleidenschaft gezogen. Deadlifts gehen eigentlich, die skalierten Gewichte mit 61 kg und 83 kg waren auch machbar. Hand-release push-ups als scale-Alternative zu den Handstand Push-ups waren fair. Den absolut größten Spaß während der gesamten Open hatte ich aber bei der scale-Variante für die Handstand-Walks - bear crawl! Also meine Vermutung ist die, dass Dave Castro mehr und mehr an das Schamgefühl der teilnehmenden Community apellieren wollte, damit die im nächsten Jahr alle die Rx'd-Variante in Angriff nehmen. Schon die OH Squats mit leerer Stange bei 18.3 als Scale-Variante hatten rein optisch was von erster Stunde Basis-Kurs. Das ist in keinster Weise herablassend gemeint, die leere Stange eignet sich wirklich für die ersten Wochen am besten, um sich langsam an diese neue Bewegung heranzutasten. Aber zwischen dem Rx-Gewicht von 36 kg für Frauen bzw. von 52 kg für Männer und der leeren Stange als Alternative hätte es ja noch ein paar Alternativgewichte gegeben. Aber das nur noch mal ein kurzer Rückblick auf 18.3. Bear crawl hatte rein optisch was von Kinderturngruppe. Gerne würde ich mal die ganz Großen der Crossfit-Zunft bei der Ausübung dieser gymnastischen Herausforderung sehen. Aber, in Kinderturngruppen herrscht vermutlich immer gute Laune und so hatte auch ich trotz der Erschöpfung durch die zig Deadlifts und Push-ups am meisten Spaß während dieses Workouts, wenn ich auf allen Vieren die Box rauf- und runtergetrabt bin.
Bear-crawl, klingt erst mal nach Kraft, Muskelbergen, Energie! Die athletischste Ausführung, die mir untergekommen ist, seht Ihr hier:
Hier mal ein Bär:
Hier mal ein Katta:
Jetzt stelle ich die ketzerische Frage: Welchem Tier ähnelt die skalierte Crossfit-Übung bear-crawl mehr?
Persönliches Fazit: Wirklich anstrengend. Das einzige Workout, bei dem mir danach dezent unwohl war. Außerdem war erstaunlich, dass sich am Freitag die 83 kg mindestens wie 95 kg angefühlt haben. Montag drauf ging's dann wieder, da passte das gefühlte Gewicht zum tatsächlichen.
Verbesserungspotenzial: Stärker werden. Ich seh mich noch nicht in absehbarer Zeit auf den Händen stehen, gehen oder Push-ups machen. Und das geht für mich in Ordnung. 143 kg Deadlifts sehe ich bei mir sicher nicht in Serie, aber vielleicht in einem Jahr mal als 1 rep max.
Vielen Dank an die Judges Lars und Stefan für's Zählen und Coachen.
18.5 – "The poison you pick is still poison!" (Rory McKernan, Moderator der Live-Announcements)
Complete as many reps as possible in 7 minutes of: 3 thrusters and jumping chin-over-bar pull-ups, 6 thrusters and jumping chin-over-bar pull-ups, 9 thrusters and jumping chin-over-bar pull-ups, 12 thrusters and jumping chin-over-bar pull-ups, 15 thrusters and jumping chin-over-bar pull-ups, 18 thrusters and jumping chin-over-bar pull-ups. This is a timed workout. If you complete the round of 18, go on to 21. If you complete 21, go on to 24, etc.
Was eine coole Idee! Drei verschiedene Workouts vergangener Tage vorzuschlagen und die Community abstimmen zu lassen. Ziemlich genau die Hälfte der abgegebenen Stimmen fielen dann letztendlich auf die o. g. Kombination aus Thrusters und C2b-Pull-ups. Keine Boxjumps (Schade!), keine Wallballs (Yessss!!!!!). Zudem das Live-Announcement in Reykjavik zu veranstalten. Wie hieß es in der Berichterstattung? 1 Prozent der Games-Teilnehmerinnen kommen aus Island, 27 Prozent der Podiumsplatzierungen gingen bisher an Isländerinnen, 36 Prozent der Games-Siegerinnen kommen aus Island. Chapöchen. Die Skalierung übrigens wieder mal sehr fair, erlaubt waren jumping chin-over-bar pull-ups, was das Workout eher beinlastig machte.
Persönliches Fazit: Schöner Abschluss der Open. Kurz, anstrengend und mit den jumping chin-over-bar pull-ups habe ich wohl eine Übung auf dem langen Weg zu richtigen Klimmzügen gefunden, die mehr Spaß macht als die Negativen.
Verbesserungspotenzial: Stärker werden. Den Schritt von 29 kg Thrusters hin zu 45 kg sehe ich noch nicht direkt als nächsten, aber mal sehen, wie sich 35 kg in Serie anfühlen.
Ein Dank geht erneut an Judge Nici, die wieder treu an meiner Seite stand, sowie an Judge Simone, die mich trotz Team-WOD-bedingter Ganzkörperschlappheit meinerseits zu einer Reps-Steigerung um 13 Prozent motivierte!
Gesamtfazit
War lustig. Und mal wieder eine tolle Sache, so eine Art Wettkampfserie ähnlich einer Winterlaufserie mitzumachen. Zwar bin ich froh, nach fünf Wochenenden mit je zwei Workouts jetzt ganz entspannt ins Osterwochenende starten zu dürfen, doch habe ich persönlich das Gefühl, dass mir die durch wiederholte maximale Anstrengung gesetzten Reize gutgetan haben. Nächstes Jahr bin ich hoffentlich fitter und schaffe es unter Umständen auch mal, mich anzumelden. Alles, was es sonst noch zu sagen gibt, kann man getrost der eben erhaltenen Nachricht unseres Head Coachs Alex entnehmen.
Zitatauflösung
Freunde, Ihr habt es fast geschafft! Zum Abschluss noch eine Gewinnspielfrage: Von wem stammt das eingangs des Blogs wiedergegebene Zitat? Der Klick auf die richtige Antwort führt Euch direkt zum Geheimnis meines sportlichen Erfolgs.
A) Charlton Heston in der Rolle des Judah Ben-Hur im mit 11 Oscars preisgekrönten Epos „Ben Hur“
B) Harrison Ford in der Rolle des Rick Deckard in Ridley Scotts Science-Fiction-Klassiker und 1983 mit dem Hugo Award (Wer ist eigentlich Hugo?) für das beste Drehbuch ausgezeichneten Film „Blade Runner“
Schönes Osterfest und bis bald,
Euer Stefan